Bedarfsanalyse EDV


Bei der Bedarfsanalyse geht es in erster Linie darum, der Geschäftsleitung klare und eindeutige Erklärungen und Gründe für laufende oder zusätzliche DV-Kosten zu liefern. Natürlich ist heute jeder Unternehmer bestrebt, Kosteneinsparungen zu realisieren, wo es auch immer geht. Dabei wird nicht selten zuerst im Bereich der Datenverarbeitung gespart.

DV-Kosten sind Betriebsmittelkosten und werden zu einem sehr hohen Prozentsatz durch Bereitstellen von Kapazitäten verursacht. So muss beispielsweise für jeden neuen Arbeitsplatz ein Bedarf an Hard- und Software gedeckt werden.  DV-Kosten sind klassische sprungfixe Kosten. Mitunter werden sie aber auch durch Ineffizienzen in die Höhe getrieben.

Die Frage kann heute also nicht heißen: “Wie viel kostet uns die Datenverarbeitung?” Vielmehr müssen Sie sie neu formulieren und Antworten auf folgende Fragen finden:
  1. Haben wir die Kapazitäten, die wir brauchen ?
  2. Werden diese Kapazitäten kostengünstig bereitgestellt ?
  3. Werden diese Kapazitäten sinnvoll genutzt ?

    Wenn Sie sich jeden Tag aufs neue diese Fragen stellen und sie mit JA beantworten können, haben Sie das Optimum erreicht. Das ist jedoch nur in den seltensten Fällen möglich. Firmeninterne und -externe Faktoren werfen täglich neue Fragen und Probleme auf, die es individuell zu lösen gilt.

    Haben wir die Kapazitäten, die wir brauchen ?

    Die Kapazitäten im Unternehmen können sich sehr schnell ändern: beispielsweise durch Mitarbeiterfluktuationen oder Neueinstellungen, durch die veränderte Marktposition des Unternehmens oder einer neuen Unternehmensstrategie. Mittels eines  Soll/Ist-Vergleichs können sie die die aktuellen Kapazitäten als Momentaufnahme feststellen. Die weitaus schwierigere, daraus resultierende Frage ist: “Welche Kapazität wollen/sollen wir brauchen ?” Sie suchen die quantitativ/qualitative Kapazität der einzusetzenden Betriebsmittel.
  1. Die Maximalkapazität gibt die technisch höchstmögliche oder qualitativ beste Leistung an. Das bedeutet, daß die neuesten Technologien und die neueste Software im Einsatz ist und daß die Mitarbeiter bestens informiert und geschult sind. -> “Silicon-Imperativ”
  2. Die Minimalkapazität zeigt an, daß dieses Betriebsmittel so wenig wie möglich bewirtschaftet wird. Das bedeutet, daß keine neuen Investitionen getätigt, wenig Datenverarbeitung eingesetzt und keine bzw. kaum Schulungen für Mitarbeiter durchgeführt werden.
  3. Bei der Optimalkapazität arbeitet ein Betriebsmittel am wirtschaftlichsten (meist unter Maximalkapazität).
Ihre Aufgabe als DV-Leiter, eine Optimalkapazität zu finden, gestaltet sich schwieriger, als die anderer Bereichsleitungen. Bei Software handelt es sich nämlich um ein Betriebsmittel, welches Sie nur in  Abstimmung, z.B. zu der installierten Hardwarebasis oder zu der Benutzerausbildung, betrachten können. Sie haben es somit mit einem überaus komplexen Entscheidungsfeld zu tun.

Werden die Kapazitäten kostengünstig bereitgestellt ?

Der Begriff “kostengünstig”  ist ein relativer. Sicherlich ist er in erster Linie von der  gewünschten Optimalkapazität abhängig.

Um feststellen zu wollen, ob die Kapazitäten kostengünstig bereitgestellt werden, reicht es nicht aus zu wissen, ob 2,3 Prozent vom Umsatz in den Bereich der Datenverarbeitung laufen. Wer kann sagen, ob das zu viel oder zu wenig ist?

Jedoch läßt sich relativ einfach ermitteln, ob die in der Firma eingesetzten Softwarelizenzen kostengünstig eingekauft, also Vorteile beim Lizenzkauf genutzt wurden. In Kapitel 7 finden Sie einen Überblick über die verschiedenen Lizenzmodelle, mithilfe derer Sie evaluieren können, inwieweit Sie die Angebote auch tatsächlich kosteneffizient genutzt haben.

Im Zusammenhang mit der geforderten Kosteneffizienz stellt sich sicherlich auch die Frage, wie effizient die Mitarbeiter mit der Software arbeiten. Gibt es Probleme beim Einsatz der Software, wurden ausreichend Schulungen durchgeführt und wenn nicht, wie würden Schulungen die Effizienz verbessern? Hier stellt sich eine komplexe Situation, da der Software-Management-Prozeß nur in Zusammenhang mit den definierten Richtlinien gesehen werden kann, also “Wie wird eine Lizenz im Unternehmen grundsätzlich gehandhabt?”  Läßt die installierte Software auch eine Nutzung auf dem privaten PC zu, wenn der Benutzer das Programm überwiegend an seinem Arbeitsplatz einsetzt? Ist ein Standard-Paket installiert, welches erlaubt, daß Benutzer sich untereinander bei kleinen Problemen helfen?

Die Anschaffungskosten für bereits installierte Hardware- und Software fallen in den Bereich der sogenannten “sunk costs” (solange sie nicht gemietet oder geleast wurden). Diese “versunkenen” Kosten gehören der Vergangenheit an, und das Unternehmen hat nach Begleichung dieser Kosten keine weiteren finanziellen Verpflichtungen.

Software ist ein Arbeitsmittel, wie Taschenrechner, Bleistift und Papier. Die “sunk costs” sind theoretisch nicht mehr relevant für zukünftige Investitionsentscheidungen des Unternehmens. Wenn Sie fünfzig Lizenzen von Borland Quattro Pro für Windows Version 1.0 gekauft haben und Sie vor der Frage stehen, ob Sie Microsoft Excel Version 5.0 einführen möchten, können die Kosten der alten Lizenzen auf die Entscheidung keinen Einfluß haben. Vermeiden Sie jedoch, dieses Argument als Rechtfertigung gegenüber der Unternehmensleitung zu benutzen.

Greifen Sie vielmehr auf eine qualitative Argumentation zurück: Anhand eines Tests mit zwei Benutzergruppen, die mit zwei konkurrierenden Programmen arbeiten, erhalten Sie einen praktikablen Vergleichswert, beispielsweise “Durch den Einsatz der neuen Version von Microsoft Word für Windows sparen Sekretariatskräfte pro Stunde zwei Minuten ein, die anderweitig zur Verfügung stehen.” Bewerten Sie Ihr Ergebnis in DM mit einem in Ihrem Unternehmen gebräuchlichen Verrechnungssatz, etwa 150,00 DM/Stunde.

Falls dies nicht möglich ist, testen Sie, ob die Fehlerhäufigkeit bei der Nutzung des neuen Programms zurückgeht. Jeder Kauf muß nicht nur sich selbst tragen, sondern sollte auch den Deckungsbeitrag vergrößern. Das wird zumindest die Forderung Ihrer Geschäftsleitung sein.

Durch Software-Benchmarking, den z.B. der VSI in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Price-Waterhouse anbietet, erhalten Sie eine Kosten-Nutzen-Analyse im Vergleich zu anderen Firmen. Den Fragebogen erhalten Sie über den VSI (Adresse siehe Anhang). Dadurch erhalten Sie die Vergleichsmöglichkeit mit anderen Unternehmen, erhalten einen Überblick, wo Sie heute stehen und was Sie in Ihrem Unternehmen noch verbessern können.

Werden die aufgebauten Kapazitäten sinnvoll genutzt ?

Bei der Frage nach der sinnvollen Nutzung der aufgebauten Kapazitäten stellt der Faktor “Mensch”, also der Mitarbeiter, die wohl bedeutendste Schwachstelle dar. Sie sollten hier das Ohr direkt an der Basis haben, um eventuelle Mißstände schnell beseitigen zu können.

Fragen Sie sich, ob die installierte Software überhaupt genutzt wird. Oder befragen Sie Mitarbeiter, inwieweit sie Zweifel an der Zuverlässigkeit oder der Güte der eingesetzten Software hegen. Wenn Sie schließlich davon Kenntnis erhalten, daß einzelne Mitarbeiter Software von zuhause mit in das Unternehmen bringen, also zur Selbsthilfe greifen, und die Programme eventuell noch anderen Kollegen zur Verfügung stellen, sollten Sie sofort handeln.

Die Erfahrungen haben gezeigt, daß durch derartige Praktiken die häufigsten Lizenzverfehlungen entstehen. Noch dazu werden hier die vorhandenen Kapazitäten kaum bis überhaupt nicht genutzt.

Durch eine jährliche Prüfung des Softwarebedarfs können Sie sicherstellen, daß derartige Probleme zum großen Teil ausgeschlossen sind. Vermitteln Sie den Mitarbeitern, daß Sie Ihre Probleme ernst nehmen. Erarbeiten Sie einen unternehmensweiten Softwarestandard, der beispielsweise auf Basis des beiliegenden Fragebogens definiert werden kann. Ein Unternehmensstandard bei Software kann bereits bei kleinen Firmen ab zwei PCs von Vorteil sein.

Eine konsequente Arbeitsplatz- und Bedarfsanalyse hilft dem Unternehmen, kosteneffizient zu arbeiten und die Produktivität zu steigern. Argumente, die auch Ihre Geschäftsleitung interessieren werden.

Aus meinem Artikel in der Krafthand
Erwin Füßl



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