Netzneutralität
Das Internet ist neben den klassischen Verbreitungswegen
Kabel, Satellit und Terrestrik ein zunehmend wichtiger Übertragungsweg auch für
die Verbreitung von audiovisuellen Medienangeboten – und einziger
Verbreitungsweg von vergleichbaren Telemedien.
Zur Sicherung der wichtigen
gesellschaftlichen Güter Pluralismus und Vielfalt ist Netzneutralität eine
absolute Voraussetzung. Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen
fordert die politischen Entscheider auf EU-Ebene sowie im Bund und in den
Ländern daher auf, Netzneutralität umfassend zu sichern und zu gewährleisten.
In den letzten Monaten wurden einige Punkte vorangebracht, die für eine
Sicherung der Netzneutralität von Bedeutung sind. Dennoch sind wesentliche
Aspekte noch nicht ausreichend spezifiziert.
1. Grundsätzliche Überlegungen
a) Netzneutralität ermöglicht kommunikative Chancengleichheit.
Netzneutralität bedeutet, dass Datenpakete im Internet
gleichwertig behandelt werden, unabhängig davon, woher sie kommen oder wohin
sie gehen. Finanzstarke Anbieter dürfen sich dabei keine Überholspuren im Netz
einkaufen können, die zulasten kleinerer Anbieter gehen, denn das wäre eine
Verletzung der kommunikativen Chancengleichheit. Netzneutralität heißt
außerdem, dem Konsumenten die Souveränität der Nutzung des Internet voll
zuzuschreiben. Das Thema der Netzneutralität ist kommunikationspolitisch wichtig,
weil damit Weichen gestellt werden, wie umfassend und zugangsfrei wir das
Internet und seine Inhalte zukünftig nutzen können werden.
b) Netzneutralität fördert Innovationen und Vielfalt.
Netzneutralität begünstigt Innovationen und wirtschaftliches
Wachstum. Sie verbessert den Marktzugang für neue Ideen und Geschäftsmodelle im
Internet. Die etablierten und wirtschaftlich starken benötigen für ihren Erfolg
weniger die Netzneutralität als die kleineren Anbieter. Netzneutralität
ermöglicht einen vielfältigen Markt und damit ein plurales Medienangebot.
c) Netzneutralität hat medienpolitische Relevanz.
Netzneutralität wird auf europäischer Ebene
telekommunikationsrechtlich diskutiert. Sie hat aber auch eine medienpolitische
Relevanz. Diese kann dann genauer beurteilt werden, wenn klar ist, in welchem
Umfang das Telekommunikationsrecht die Netzneutralität wirklich sicherstellt.
Die Verankerung der Netzneutralität im Landesmediengesetz NRW unterstreicht die
medienpolitische Bedeutung des Themas. Netzneutralität ist eine
länderübergreifende Thematik von besonderer Bedeutung für die öffentliche
Kommunikation. Sie sollte ein gemeinsames Thema der Länder sein, das mit dem
Bund in die europäische Gestaltung des Telekommunikationsrechts eingebracht
wird.
Je weniger die Netzneutralität telekommunikationsrechtlich
garantiert ist, desto mehr Fragen stellen sich für die Medienaufsicht bei
Zugangsgerechtigkeit, Auffindbarkeit und Chancengleichheit von Medieninhalten.
Hierauf sollte auch die Bund-Länder-Kommission zur konvergenten Medienordnung
eingehen.
2. Konkrete Forderungen
Die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) setzt
sich für die gesetzliche Sicherung von Netzneutralität ein. Netzneutralität
muss umfassend gewährleistet werden, um den diskriminierungsfreien Zugang zu
meinungsbildenden Inhalten und eine plurale Medienlandschaft zu garantieren.
Die LfM fordert die Überarbeitung der Verordnung zur Netzneutralität und seiner
Erwägungsgründe in folgenden Punkten:
a) Spezialdienste müssen noch klarer und enger definiert
werden, um zu vermeiden, dass sich finanzstarke Anbieter Überholspuren im
Internet kaufen können. Ausnahmen für Notdienste sind vorstellbar, aber nicht
für Luxusangebote. Es muss eine noch klarere Abgrenzung zum offenen Internet
erfolgen. Dafür sollten insbesondere in den Erwägungsgründen unmissverständliche
Auslegungsgrenzen für die Begriffe „notwendig“ und „generell“ in Art. 3 Abs. 5
vorgesehen werden.
b) Das Best Effort-Prinzip sowie ausreichende Kapazitäten
(in Abgrenzung zu den Spezialdiensten) müssen bei der Übertragung von Inhalten
im offenen Internet garantiert und überwacht werden, um zu vermeiden, dass
Provider einen zu großen Einfluss auf das Verkehrsmanagement nehmen können.
Datenverkehrsmanagement darf außerdem nur aus technischen und nicht aus
kommerziellen Gründen erfolgen.
c) Zero Rating ist grundsätzlich problematisch. Soweit es
telekommunikationsrechtlich zulässig ist, darf es allerdings nicht in den
publizistischen Wettbewerb eingreifen. Daher müssen alle publizistischen
Angebote vom technischen Anbieter gleich behandelt werden. Für alle
Inhalteanbieter müssen die Nutzungsbedingungen von Zero Rating transparent
sein; die wirtschaftlichen Bedingungen dürfen nicht ausschließen, dass auch
kleinere Anbieter dabei partizipieren können.
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