Fahrzeuge machen Karten
Jeder kennt die Situation: Seit einer gefühlten Ewigkeit steht man mitten im Stau auf der Autobahn, aber der Verkehrsfunk weiß nichts davon. Oder das Navi hat eine prima Route zusammengestellt, aber dass in dem Dorf auf dem Weg gerade wegen des Kirchweihfests die Durchfahrt gesperrt ist, das konnte es nicht ahnen.
Bis es eine Staumeldung in den Verkehrsfunk geschafft hat, ist sie oft schon überholt. Und kleinere, aber dennoch gravierende Probleme wie die Sperrung einer Dorfdurchfahrt melden ohnehin kein Radio.
Eine Straßenkarte; die über die reine Topologie und die Verkehrs-Großwetterlage hinaus auch kleinere Probleme anzeigt, und das in Echtzeit, würden daher viele Fahrer zu schätzen wissen. Das bestätigen auch die Experten. Aber auch das vernetzte Fahrzeug bietet die Chance auf Aktualität. Denn hinter dem Schlagwort vom Auto im Internet verbirgt sich mehr als nur Musik-Streaming und der automatische Notruf, wenn es einmal gekracht hat.
Zum Connected Car gehört auch, dass sich die Autos untereinander informieren, wenn es irgendwo glatt ist, wenn der Verkehr ins Stocken gekommen ist oder wenn eine Straße vorübergehend gesperrt ist. Eine übergeordnete Instanz vorausgesetzt, lässt sich aus dieser Art von Daten eine „lebende" Straßenkarte zusammenbauen.
Eine Karte, die über die reine Topologie hinausgeht, die aktuelle Ereignisse in Windeseile einbaut und auch umgehend wieder entfernt, wenn sie nicht mehr relevant sind. Nach Vorstellungen von vielen Branchenvordenkern könnte die Gesamtheit der vernetzten Fahrzeuge über ihre Sensorik Informationen sammeln, die dann anonymisiert in einem Rechner aufbereitet und nahezu in Echtzeit zu einer lebenden Karte zusammengesetzt werden.
Die viel diskutierte hochgenaue Straßenkarte, die als eine Voraussetzung für das pilotierte und automatisierte Fahren angesehen wird, auf diese Weise könnte sie entstehen.
Die heutige Umfeldsensorik der Fahrzeuge ist noch begrenzt: Kamera, und Radar können nur das erfassen, was im Blickfeld der elektronischen Augen des Autos liegen. Die Daten aus der Cloud erhöhen die Reichweite dieser Sensorik ganz deutlich. Beispielsweise kann ein Fahrzeug damit seine Geschwindigkeit bei der Annäherung an ein Stauende oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung reduzieren, bevor die bordeigene Sensorik diese Dinge wahrnimmt.
Attraktiv dürfte das für E-Fahrzeuge sein, die sehr genau ihre Reichweiten kalkulieren müssen. Gegenwärtig ist das System in seiner Gesamtheit erst einmal so etwas wie ein Rohbau mit einigen modellhaft verwirklichten Funktionen.
Noch haben deren Entwickler etwas Zeit: Die lebende Karte soll in Serienfahrzeugen aber bald zur Verfügung stehen.
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