Wettbewerbsbeschwerden werden mehr
Immer mehr Beschwerden bei der Wettbewerbszentrale betreffen Sachverhalte im Internet. Gleichzeitig sorgt die Einbindung der deutschen Justiz in die europäische Gerichtsbarkeit dafür, dass häufiger Fälle vor dem Europäischen Gerichtshof landen.
Die Wettbewerbszentrale in Deutschland hat ihren Jahresbericht veröffentlicht. Danach wurden durch die Behörde über 12.000 Anfragen bearbeitet. Dabei sorgt die zunehmende Digitalisierung dafür, dass eine deutliche Verlagerung der Beschwerden hin zu Sachverhalten im Internet stattfindet, mit knapp 60 Prozent traf das im vergangenen Jahr auf über die Hälfte aller Anfragen zu.
Laut Auskunft der Wettbewerbszentrale, bilden irreführende und intransparente Praktiken nach wie vor mit knapp 60 Prozent den Hauptanteil bei den eingereichten Beschwerden. Gegenüber vor zwei Jahren ist die Zahl jedoch um elf Prozent auf 7.000 Fälle zurückgegangen. Auch die Beanstandungen zu irreführenden Preisangaben nahmen demnach um 19 Prozent ab. Bei den 7.000 Anfragen zu irreführender Werbung unterscheiden die Wettbewerbshüter zwei Kategorien: einmal die Fälle, in denen sich Unternehmen ganz bewusst Vorteile durch Tricks, Täuschungen, Manipulationen und Rechtsverstöße verschaffen wollen.
Daneben existiert eine hohe Anzahl an Fällen, in denen die hohe Regelungsdichte verbunden mit unklarer Rechtslage und die daraus resultierende Rechtsunsicherheit auch denjenigen Unternehmen in der Praxis große Probleme bereitet, die sich rechtskonform und kundenfreundlich verhalten wollen«, stellt die gemeinnützige Organisation fest. Während sich die Beschwerden zu Werbemaßnahmen verschiedener Buchungsportale im vergangenen Jahr häuften, reichte die Wettbewerbszentrale gegen diverse Kommunikationsanbieter Klagen wegen irreführender Google-Adwords-Werbung ein.
Unternehmen wie Vodafone, Telefonica und 1&1 sowie einige Tochterfirmen bewarben im Rahmen solcher Anzeigen ihre Mobilfunktarife, ohne neben den monatlich anfallenden Kosten die einmaligen Gebühren für Anschluss oder SIM-Kartenkauf aufzulisten.
Gegen den Elektronikhändler Saturn ging die Wettbewerbszentrale aufgrund irreführender Angaben zur Lieferzeit vor. Produkte, die mit »auf Lager — Lieferung in ein bis zwei Werktagen« beworben wurden, seien Kunden auch nach zehn Tagen noch nicht geliefert worden. Auf Kundenanfrage konnte Saturn den Betroffenen keinen Liefertermin nennen. Andere Online-Händler warben mit »sofortiger Lieferbarkeit«, lieferten die bereits bezahlte Ware aber auch nach zwei Wochen nicht.
Gleichzeitig müssen sich Unternehmen darauf einstellen, dass deutsches Recht immer mehr vom Recht der Europäischen Union überlagert wird. In der Praxis gelangen deshalb immer öfter rechtliche Auseinandersetzungen nach Luxemburg. Nicht nur der Bundesgerichthof (BGH), sondern auch Landes- und Oberlandesgerichte legen vermehrt dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fälle zur Vorabentscheidung vor. Aktuell liegen allein drei Verfahren der Wettbewerbs-zentrale zur Klärung beim EuGH. Gleichzeitig landen nur wenige Fälle der Organisation letztlich vor Gericht. 80 Prozent konnten 2015 dagegen außergerichtlich beigelegt werden. Über 500 Mal wurde ein Schlichtungsverfahren vor den Einigungsstellen der Industrie- und Handelskammern durchlaufen. Insgesamt wurden im Laufe des vergangenen Jahres knapp 600 Gerichtsverfahren geführt.
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