Biogas - Energiegewinnung im Widerspruch
Die deutsche Biogasbranche befindet sich seit mehreren Jahren in einem schwierigen Anpassungsprozess. Die Fehlanreize im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2009 führten dazu, dass sich der Maisanbau besonders lohnte. Als Folge hatte Maissilage 2014 bundesweit einen Anteil von 72 % an den Einsatzstoffen, die in Biogasanlagen zur Stromerzeugung genutzt wurden, ergaben Untersuchungen des DBFZ Deutschen Biomasse-Forschungszentrums aus Leipzig.
Diese über Jahre hinweg aufgebaute Fehlentwicklung der „Vermaisung" korrigierte der Gesetzgeber, indem er die EEG-Vergütung für Biogasstrom aus nachwachsenden Rohstoffen und aus großen Anlagen ab 2012 vollständig strich. Die Anlagenbauer traf damals ein starker Auftragseinbruch, den sie seitdem nur teilweise ausgleichen konnten. Die Betreiber von bestehenden Biogasanlagen, deren EEG-Vergütung in absehbarer Zeit ausläuft, bemühen sich derzeit um Anschlusskonzepte mit neuen Geschäftsmodellen.
Dabei könnte die Biogasproduktion auch dazu beitragen, Artenvielfalt und Naturschutz voranzubringen. Darauf weisen Experten hin: „Gerade die Anspruchslosigkeit von Biogas-anlagen bezüglich der Sortenreinheit von gefütterten Substraten lädt eigentlich dazu ein, die Extensivierung des Anbaus mit Naturschutz zu verbinden", argumentieren sie.
Blumenwiesen und Bienenweiden sind gleichermaßen ökologisch sinnvoll, beliebt und können durch angepasste Entnahme von Biomasse zu landwirtschaftlichen Einkommen beitragen. Man hofft nun auf neue Überlegungen, wie sich strenge Anforderungen an einen für Wasser, Boden und Artenvielfalt verträglichen Pflanzenbau mit den Ertragsinteressen der Landwirtschaft vereinigen lassen. In mehreren Regionen gibt es schon Erfahrungen mit Blühstreifen aus heimischen Kräutern, die Landwirte für ein bis vier Jahre auf Teilen ihrer Nutzflächen anlegen. Wie Wissenschaftler des DBFZ berichten, wird dort nicht gedüngt, gespritzt und geerntet. Solche Blumenwiesen werden in Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen besonders gefördert.
Auf einem Feld mit leichtem Boden und weniger guter Wasserversorgung führte das trockene Wetter sowohl bei Sorghumhirse, als auch bei Mais zu deutlichen Trockenschäden und geringem Ertrag.
Auch Wildpflanzenmischungen, die gezielt angebaut werden, um Einsatzstoffe für Biogasanlagen zu gewinnen, bieten Vorteile für Umwelt und Naturschutz. Sie bestehen aus bis zu 25 Wildpflanzen-und Kulturarten und bilden dichte Mischbestände, deren Erscheinungsbild innerhalb der ersten drei Nutzungsjahre wechselt. Bisherige Untersuchungen haben ergeben, dass mit ihrem Anbau über fünf Jahre hinweg ein ähnlich gutes wirtschaftliches Ergebnis der Biogasanlagen erzielbar ist wie mit dem Anbau von Mais.
Welche alternativen Energiepflanzen in welchen deutschen Regionen angebaut werden können, wird seit mehr als 20 Jahren erforscht. Zu den Zielen gehört, dass im Winter kein Nitrat mehr aus dem Boden ins Grundwasser ausgewaschen, weniger Pflanzenschutzmittel versprüht und eine ausgeglichene Humuswirtschaft sichergestellt wird.
Für die Akzeptanz bei den Bauern ist es wichtig, dass die alternativen Pflanzen ein gutes Verhältnis zwischen wirtschaftlichem Aufwand und Biogasertrag ermöglichen. In den Versuchen hat sich gezeigt, dass Mais auch aus wirtschaftlicher Sicht nicht immer die beste Anbauvariante für Biogaseinsatzstoffe ist. Besonders in Ostdeutschland und
Schleswig-Holstein herrschen für ihn keine günstigen Bedingungen. So ermittelte das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, dass in den trockenen und warmen Anbauregionen Nordsachsens besonders die in Afrika heimischen Sorghumhirsen als Ergänzung oder Alternative zu Silomais infrage kommen.
Bei einem praxisnahen Anbauversuch in der nordsächsischen Agrargenossenschaft Krippehna erzielten die Hirsen zuletzt auf einem Feld mit gut durchfeuchtetem Auenboden bei warmen Temperaturen einen besseren Ertrag als der auf Nachbarfeldern angebaute Mais. Schon einen Schritt weiter sind vier Landwirte in Hahnennest bei Ostrach in Baden-Württemberg. Sie bauen seit vier Jahren die aus Nordamerika stammende Energiepflanze "Durchwachsene Silphie" an und haben dabei erfolgversprechende Verfahren entwickelt. Die Durchwachsene Silphie bringe, einmal ausgesät, 20 Jahre Ertrag, benötige keine Bodenbearbeitung und fast kein Pflanzenschutzmittel, meldete der Fachverband Biogas. Sie liefere vergleichbare Biogaserträge pro Hektar wie Mais. Zuletzt seien daher die 180 ha Anbaufläche um weitere 300 ha erweitert worden.
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